Unter den Folgen eines Tötungsdelikts leiden die mittelbar Betroffenen, die Angehörigen des Opfers, ein Leben lang. Wirklichen Trost kann es nicht geben.
Auch unter juristischen Aspekten gibt es kein Vergessen: ein Mord verjährt nie. Asservate werden bis zur rechtskräftigen Verurteilung aufgehoben.
Bei der Auswertung der Tatortspuren hat sich die neue Technik der DNA-Analytik mit ihren differenzierten Möglichkeiten als überaus hilfreich erwiesen. Hunderte von Mördern, die glaubten davongekommen zu sein, werden von ihren Taten eingeholt.
In langen und sehr persönlichen Gesprächen gibt der Film Auskunft über das Leben, das die Täter in der Zeit zwischen Tat und Verhaftung geführt haben.
Wurden sie von immer wiederkehrenden Albträumen geplagt oder hatten sie das lange zurückliegende Geschehen erfolgreich verdrängt und sich ein sanftes Ruhekissen aus Selbstrechtfertigung und Schuldabwehr gebastelt?
Ein Dokumentarfilm zum Thema Schuld und Sühne, ein tiefgründiges und facettenreiches Psychogramm seelischer Abgründe und Verletzungen.
LebensLang –
Mord verjährt nicht
Ein Film von Wolfram Seeger
Unter den Folgen eines Tötungsdelikts leiden die mittelbar Betroffenen, die Angehörigen des Opfers, meist ein Leben lang. Wirklichen Trost kann es nicht geben. In vielen Fällen erlischt allmählich der Kontakt zu Freunden, Bekannten und Nachbarn, selbst der familiäre Zusammenhalt zerbricht. Auch die nachfolgende Generation wird unter dem Eindruck des traumatischen Geschehens stehen.
Auch unter juristischen Aspekten gibt es kein Vergessen: ein Mord verjährt nie. Die Asservate werden bis zur rechtskräftigen Verurteilung aufgehoben. Nicht selten arbeiten Ermittler ihr ganzes Berufsleben hartnäckig an der Aufklärung eines Falles. Dabei hat sich die neue Technik der DNA-Analytik mit ihren differenzierten Möglichkeiten als überaus hilfreich erwiesen. Hunderte von Mördern, die glaubten davongekommen zu sein, werden von ihren Taten eingeholt. „Lebenslänglich“ lautet in der Regel das Urteil am Ende eines Mordprozesses.
In seinem neuen Film konzentriert sich Wolfram Seeger, der sich bereits in einer ARD-Dokumentation mit den seelischen Folgeschäden von Verbrechen für die Opferseite beschäftigt hatte, vor allem auf die Täterseite. Zweieinhalb Jahre lang hat er Tötungsdelikte recherchiert, die 10, 15 oder 20 Jahren nach der Tat durch die Auswertung von DNA-Proben doch noch aufgeklärt werden konnten.
Fall 1: Ein mehrfach vorbestrafter Vergewaltiger aus dem Siegerland wird wegen Ermordung einer 15jährigen zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Der Vater zweier Kinder hatte immer wieder Mädchen nach der Disco im Auto mitgenommen, mit einem Messer bedroht und zu sexuellen Handlungen gezwungen. Erst im Prozess gab er zu, die Ermordete am Tag der Tat vergewaltigt zu haben. Danach habe er sie nach Hause gebracht, mit dem Mord habe er aber nichts zu tun.
Fall 2: 2005 wird ein 33jähriger Paderborner, der wegen verschiedener Straftaten bereits eine längere Haftstrafe verbüßte, erneut verurteilt. Er soll 1993 eine Frau umgebracht haben, indem er sie mit ihrem eigenen PKW überfuhr. Bis heute bestreitet er vehement, der Täter gewesen zu sein. Für die winzigen Blutstropfen, die im PKW an der Jacke des Opfers gefunden wurden und die mit seiner DNA identisch sind, hat er aber keine plausible Erklärung.
Fall 3: Jürgen K., 41, ist seit seinem 16. Lebensjahr eingesperrt. Lediglich 1989 befand er sich für ein Jahr in Freiheit. Wegen versuchten Mordes an einer Prostituierten kam er erneut hinter Gitter. Erst später stellte sich heraus, dass er seinerzeit auch eine Studentin vergewaltigt und erschlagen und diese Tat zehn Jahre lang seiner Umwelt und seinen Therapeuten gegenüber verheimlicht hatte.
Der Film interessiert sich weniger für die kriminalistischen Aspekte der Verbrechen. Vielmehr geben die Verurteilten, Ex-Frauen, Staatsanwälte und Kripobeamten in langen und sehr persönlichen Gesprächen Auskunft über das Leben, das die Täter in der Zeit zwischen Tat und Verhaftung geführt haben. Wurden sie von wiederkehrenden Albträumen geplagt und hatten sie Angst, infolge der Fortschritte in der DNA-Analytik doch noch gefasst zu werden? Oder hatten sie das lange zurückliegende Geschehen erfolgreich verdrängt und sich in einem Konstrukt aus Selbstrechtfertigung und Schuldabwehr eingerichtet? Wie sind die Familien, insbesondere die Kinder, mit der Verhaftung fertig geworden und damit, dass sie später in der Verhandlung und aus dem Lokalblatt erfahren mussten, dass der geliebte und liebende Vater ein Sexmörder ist, ein „Monster“, eine „Bestie“? Kann man von einem Außenstehenden überhaupt Ver-ständnis dafür erwarten, dass sich Angehörige in so einem Fall nicht umgehend vom Täter lossagen, sondern in einem langen, quälenden Prozess zwischen Zuneigung und Abwehr hin- und hergerissen werden?
Wolfram Seeger hört zu, beobachtet und versucht zu verstehen. Sein Film richtet nicht über Schuld und Unschuld. Vielmehr zeigt er das Ungeheuerliche in seiner ganzen Ambivalenz: die Konfrontation von Tätern und Angehörigen mit der Tat, das Verdrängen der Tat bzw. das fortwährende Kreisen um eine unauslöschbare Erinnerung, den Willen zur Buße und zum Neubeginn und den Zweifel daran, den Wunsch der zerstörten Familie des Täters nach Distanz und zugleich die psychische Präsenz des Vaters und Ehemannes, von der freizukommen unmöglich ist – ein tiefgründiges und facettenreiches Psychogramm seelischer Abgründe und Verletzungen.
Aufwühlend
“…Nachdem Wolfram Seeger vor Jahren die Auswirkungen von Gewaltverbrechen auf die Opfer thematisierte, widmete er sich jetzt der anderen Seite. Im Mittelpunkt stehe drei Mordfälle, deren Aufklärung erst Jahre später durch DNA-Analyse gelang.
Keine Musik, kein visueller Schnickschnack störte die Konzentration auf die Schilderungen der verurteilten Täter, der Ermittler und der Ex-Frauen. …
Ein starkes Stück Dokumentar-Fernsehen über die Widersprüchlichkeit der menschlichen Natur.”
Kölner Stadt-Anzeiger
Lebenslang. Mord verjährt nicht
“…Wolfram Seegers Gespräche mit Mördern, die erst 10, 15, manchmal 20 Jahre nach ihrer Tat durch neue DNA-Analysen überführt wurden, sind harte Tobak – und zugleich ein erstklassiges Psychogramm. …
Ohne zu richten, zeigt Seeger das Ungeheuerliche in seiner ganzen Ambivalenz.”
Der Spiegel
Die Rätsel in de Seelen der Täter
“… Drei solcher Fälle, in denen zwischen Tat und Aufklärung mehrere Jahre lagen, untersucht Grimme-Preisträger Wolfram Seeger in seinem Dokumentarfilm. Dabei richtet er sein Interesse vor allem auf die Täter und deren Angehörige. …
Der Film besticht bei aller Eindringlichkeit vor allem durch den distanzierten Blick auf seine Protagonisten. Weil die Skizzierung der Taten … frei von Voyeurismus ist, kommt nie der Eindruck auf, hier werde Kapitalverbrechern eine Bühne zur Selbstdarstellung geboten.
Auf der anderen Seite hält sich der Autor mit mit Schuldzuweisungen, Verurteilungen und Erklärungsversuchen weitgehend zurück. Ein bewegender, stiller Film über die Abgründe menschlicher Existenz.”
Frankfurter Rundschau
Der Mörder und seine Frau
“… Durch die bahnbrechende Technik der Genanalyse werden immer mehr Mörder 10, 15 oder gar 20 Jahre nach der Tat überführt und mit der vollen Härte des Gesetzes bestraft. …
Da war es anders Zeit, dieses Phänomen der Kriminalistik einmal abseits aller Pathologen-Krimis zu beleuchten. Wolfram Seeger tut dies in einer äußerst sehenswerten und auch mit anderthalb Stunden kein bisschen zu lang geratenen Dokumentation. …
Eine Stärke des Films: Sein Autor kann zuhören und das Schweigen eines Gesprächspartners auch mal für ein paar Sekunden aushalten, ohne gleich die nächste Frage in die nachdenkliche Stille zu posaunen. Dadurch entlockt er seinen Protagonisten Aussagen, an die er sonst wohl kaum gekommen wäre. Wolfram Seeger eröffnet geradezu schockierenden Einblicke in kranke Seelen. …
Dem Autor, der seinen Film auch selbst drehte und schnitt, ist wohl eine der besten Dokumentationen dieses noch jungen Jahres gelungen.”
Neue Osnabrücker Zeitung
Gespräch mit einem Mörder
“… Gerade diese Ruhe, der völlige Verzicht auf Dramatik, lediglich Bilder von Tatortspuren und den Ermordeten sind kurz zu sehen – das lässt den Beitrag zusehends beklemmend wirken. Rasch wird der Zuschauer selbst zum Gefangenen einer Dramaturgie, die in aller Seelenruhe in seelische Abgründe blickt.
Dem Autor ist es gelungen, bei seinen Gesprächspartnern in der Vorbereitungsphase so viel Vertrauen aufzubauen, dass sie ihm wie in einer Gesprächstherapie ihre Gedanken offenbaren. Darüber hinaus hält sich Seeger mit Wertungen völlig zurück, vertraut auf die Authentizität der Begegnungen. …
Verroht? Gefühllos? Ein Monster? Dies Fragen stellen sich erstaunlicherweise nicht. …
Jenseits von Boulevard und Therapie gibt es offenbar einen Bereich, der dokumentarisch schwer zu erkunden ist und deshalb vor allem durch die Dämonisierung von Thrillern und Horrorfilmen besetzt ist. …
Das Trauma der Tat legt sich, wie der Titel in mehrdeutiger Form betont, lebenslänglich nicht nur auf die Täter und Opfer, sondern auch auf deren soziales Umfeld. Ein außergewöhnlicher, bei alles Düsternis erhellender Film, der nicht plump verurteilt, sondern das Trauma und die alltägliche Banalität des Bösen analysiert.”
epd medien
Banalität des Bösen
“… Eine äußerst heikle Gratwanderung auch für den Interviewer. Seeger gelang es jedoch, aus der Begegnung ein kriminalpsychologisches Lehrstück zu machen. Es handelt von Ängsten, Allmachtsfantasien, von erbärmlichen Gesten der Hilflosigkeit, erschöpften Erinnerungen an Tat-Geräusche und von den intuitiven Mechanismen der abrupten Verdrängung. …”
Generalanzeiger, Bonn
Nur drei Tropfen Blut
“… Fast drei Jahre hat er für den intensiven Film gedreht, sein besondere Interesse galt der langen Zeit zwischen Tat und Verhaftung. Was ging in den Tätern vor? Angst, entdeckt zu werden, hatte keiner von ihnen. Obwohl sie wissen mussten, dass eines Tages die Polizei vor ihrer Türe stehen würde, lebten sie so, als hätten sie es nicht getan. …”
Neue Westfälische