Menschen hautnah
Der seltsame Sohn
– Im Haus der Autisten
Manchmal ist Carsten unberechenbar, dann kann er eine Gefahr für sich und andere sein. Wenn er sich aber nach Körperkontakt sehnt, wird er oft ganz sanft. Carsten ist 31 Jahre alt und intelligent. Er versteht alles und kann seine Bedürfnisse zum Ausdruck bringen. Dann spricht er sich selber mit Du an. Carsten lebt im „Haus Bucken“ in Velbert, einem Wohnheim für Autisten.
Rückzug in die eigene Welt
Sein Mitbewohner Lars wirkt auf den ersten Blick unauffällig. Am wohlsten fühlt er sich bei den kleinen Rückzügen in seine eigene Welt. Niemand weiß, was sich in seinem Kopf abspielt, wenn er in merkwürdigen Posen verharrt, wie eingefroren.
Im Gegensatz zu Lars tritt Christian immer fröhlich und kontaktfreudig auf. Er ist gerne unter Menschen und ist wegen seines jungenhaften Charmes bei den Mitarbeiterinnen sehr beliebt. Ohne Schlips und gebügeltes Hemd verlässt er sein Zimmer nie. Auch wenn er auf den ersten Blick normal zu sein scheint, fällt er doch bald durch sonderbare Sprachmarotten und Verhaltensmuster auf. Für seine Eltern ist er der seltsame Sohn.
Alltag in Haus Bucken
Als Christian vor drei Jahren zur Betreuung in das „Haus Bucken“ gebracht wurde, fragte er lediglich: „Mutter, ist das mein Zimmer?“, und blieb einfach da, als sie seine Frage bejahte. Es könnte sein Zuhause für immer sein, denn die Bewohner von „Haus Bucken“ haben Autismus in seiner schwersten Form und müssen rund um die Uhr betreut werden.
Haus Bucken ist ein Heim für erwachsene Menschen mit autistischer Behinderung, das vor zwanzig Jahren von betroffenen Eltern gegründet wurde und in eigener Regie betrieben wird. Ein Jahr lang hat Autor Wolfram Seeger dort Christian und die anderen Bewohner in ihrem Lebensalltag beobachtet. Sein Film lässt uns teilhaben an den Eigenarten und Ritualen der Bewohner, aber auch an den Erfahrungen von Betreuern und Angehörigen der Autisten.
Bestechend
„… Mit seiner in jeder Hinsicht bemerkenswerten Langzeitbeobachtung gewährte Wolfram Seeger Einblicke in die rätselhafte Welt dieser Kranken. Dabei hatte sein Film nichts von jener Romantik, mit der Autisten in Filmen wie ‚Rain Man‘ zu verkappten Genies erklärt wurden. …
Vielmehr sah man hier erwachsene Menschen, die in einer für Normalsterbliche unzugänglichen Welt lebten. …
Dabei waren manche Bilder, aus gebotener Distanz aufgenommen, nur schwer auszuhalten. …
Vor allem bestach der Film jedoch durch die interessierte Zurückhaltung, mit der der renommierte Dokumentarfilmer seinen Protagonisten begegnete, und seine Haltung, sich aller Betroffenheitsattitüden und Emotionalisierungen zu enthalten.“
Kölner Stadt-Anzeiger